Biokristallisation – ein bildhafter Nachweis der Homöopathie (Baumgartner et al. – 2012)

Ein wichtiger Bestandteil der Grundlagenforschung ist es, Experimente zu entwickeln und zu nutzen, die eindeutig und reproduzierbar sind – auch in der Homöopathie. Nur durch wiederholte, identische Resultate ist es möglich, den Effekt von homöopathischen Mitteln wissenschaftlich abzusichern. Eine solche Experimentanlage wird hier vorgestellt: die Biokristallisation oder Kupferchloridkristallisation. Stephan Baumgartner und weitere Forscher veröffentlichten 2012 die Resultate einer grösseren Reihe von Biokristallisations-Experimenten. Ein Ziel der Studie war es, die Experimente in zwei unabhängigen Laboratorien in Holland und Dänemark durchzuführen und zu wiederholen, um so mögliche Störfaktoren identifizieren zu können.

Bei der Biokristallisation wird der wässrige Extrakt eines organischen Materials mit Kupferchlorid-Lösung (CuCl2) vermischt und danach in einer dünnen Schicht auf einer Glasplatte unter kontrollierten Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, erschütterungsfreie Klimakammer etc.) verdampft. Die daraus entstehenden Biokristallogramme unterscheiden sich je nach hinzugefügtem Material eindeutig in ihrer Struktur. Die Kristallogramme werden nach bestimmten Kriterien ausgewertet, beispielsweise der Anzahl und Ordnung der Verzweigungen von Auge oder mit Hilfe von bildanalysierenden Computerprogrammen. Dazu werden Ausschnitte der Kristallogramme in Graustufen oder farblich abgebildet und die Häufigkeit verschiedener Graustufen oder das Auftreten verschiedener morphologischer Strukturen in einem Bild gezählt.

Stephan Baumgartner und sein Team liessen in diesem Experiment Samen von Gartenkresse für rund 96 Stunden auf einem Chromatografiepapier keimen. Dieses Papier war entweder mit einer flüssigen homöopathischen Lösung (Stannum metallicum 30x) oder potenziertem Wasser (30x) getränkt. Nach dem Keimen wurde durch Zerquetschen der Keime und Filtern ein flüssiger Extrakt erstellt, welcher mit der Kupferchlorid-Lösung vermischt und auf einer Glasplatte unter standardisierten Konditionen während 14 bis 26 Stunden verdampft wurde. Nach frühestens 48 Stunden wurden die Proben für die Bildanalyse gescannt. So konnten in 15 unabhängigen, randomisierten und verblindeten Experimenten insgesamt 535 Biokristallogramme hergestellt und ausgewertet werden. Zur Analyse wurden verschiedene Bereiche und verschiedene Strukturen des Kristallogramms untersucht. Für beide Laboratorien konnte über alle Experimente hinweg ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Testflüssigkeiten (Wasser und homöopathische Lösung) festgestellt werden. Unterschiede in der Struktur wurden hingegen zwischen den Laboratorien und in Abhängigkeit des Tages, an dem das Experiment durchgeführt wurde, festgestellt. Dabei blieb der grundlegende Effekt zwischen homöopathischem Mittel und Wasser bestehen, jedoch wurde die Stärke des Effektes beeinflusst.

Für praktizierende Homöopathen und Homöopathinnen ist das Resultat, dass ein Unterschied zwischen homöopathischer Lösung und Wasser besteht, eine Bestätigung ihrer Arbeitsmethode. Bei der Studie ging es aber in erster Linie darum, ein Messsystem zu testen und weiterzuentwickeln, welches diesen Unterschied wissenschaftlich gesichert aufzeigen kann. Um diese Reproduzierbarkeit zu gewährleisten, wurde das Studiendesign bis ins kleinste Detail beschrieben. So zum Beispiel die Auswahl der gekeimten Kressesamen: Keimlinge mit einer minimalen Wurzellänge von 6,5 cm wurden selektiert, solche mit abweichender Form oder Farbe oder mit Zeichen von Pilzbefall aussortiert. Die Reste der braunen Samenhülle wurden entfernt und danach gewogen. Immer 3 Gramm der Samen wurden zusammen für zwei Minuten mit einem Stössel zerdrückt, für 45 Minuten in einem Shaker mit 125 Umdrehungen pro Minute extrahiert und für drei Minuten durch ein Nylongeflecht (Hersteller für alle gleich) gefiltert. Ebenso detailliert werden das Vorgehen der Verdunstung, der Keimvorgang, die Lagerung etc. beschrieben. Diese detaillierte Dokumentation der Experimente erlaubt die Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Laboratorien, aber auch eine mögliche Reproduktion weiterer Experimente in anderen Laboratorien und von anderen Forschern. Die Autoren sehen die Stärke der Studie in folgenden Punkten: Testung in zwei unabhängigen Laboratorien, eine grosse Anzahl unabhängiger Experimente und Replikationen inkl. Randomisierung und Verblindung sowie eine objektive Messung der Resultate. Die Schwäche der Studie sehen sie unter anderem in den bisher noch nicht erklärbaren Unterschieden z.B. in Bezug auf den Tag des Experimentes, in der nicht sterilen Zubereitung der homöopathischen Probe oder im Fehlen von systematischen Kontrollexperimenten. Auf der Basis dieser Ausgangslage wird zurzeit in verschiedenen Laboratorien mit verschiedenen homöopathischen Mitteln untersucht, ob sich die gemessenen Effekte reproduzieren lassen: Paul Doesburg reproduzierte die Testanlage von Baumgartner1. Anezka Marie Sokol2 untersuchte den Effekt von sechs verschiedenen homöopathischen Mitteln (Stannum metallicum, Arsenicum album, Mercurius metallicum, Sulphur, Silicea und Laktose in der 30x) in zehn Experimenten. Die Strukturanalyse zeigte dabei signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und einigen der homöopathischen Mittel.

Natürlich erklären solche Experimente nicht, warum und wie homöopathische Mittel wirken. Sie sind jedoch unverzichtbar für den wissenschaftlich seriösen Nachweis, dass Homöopathie eben doch mehr als ein Placeboeffekt ist.

 

Originaltitel: Development of a biocrystallisation assay for examining effects of homeopathic preparations using cress seedlings

S Baumgartner (vom Institut für Komplementärmedizin KIKOM, Universität Bern, Insel-Spital, 3010 Bern),P Doesburg, C Scherr, J-O Andersen. Veröffentlicht in Evidence Based Complementary Alternative Medicine 2012; 2012:125945. Epub 2012 Aug 27.

PMID: 22969820, PMCID: PMC3434472, DOI: 10.1155/2012/125945

Das ist ein frei zugänglicher Artikel.

 

Referenzen

1 P. Doesburg, J.-O. Andersen, C. Scherr, S. Baumgartner: Replication of specific effects of a Stannum metallicum 30x preparation in a cress seedling/biocrystallization test system. Homeopathy, 2016, 105(1), 12-13.

2 A.M. Sokol, P. Doesburg, C. Scherr, S. Baumgartner: Examination of specific effects of different homeopathic preparations on cress seedlings with a CuCl2-bio-crystallisation assay. International Journal of High Dilution Research 2016; 15(4):10-10.