Studie belegt die Wirkung der individualisierten Homöopathie bei Fibromyalgie

Als Ausgangspunkt dieser Studie führen die Autoren an, dass Homöopathen häufig über den Nutzen individualisierter homöopathischer Behandlungen bei Patienten mit verschiedenen chronischen sich überlagernden Beschwerden wie z.B. Fibromyalgie oder Chronic Fatigue-Syndrom berichten, für die die konventionelle Medizin limitierte Behandlungsmöglichkeiten bietet. Das Ziel dieser Studie war die Untersuchung der Wirksamkeit der individualisierten klassischen homöopathischen Behandlung bei Fibromyalgie. Fibromyalgie ist eine diffuse Muskel-Skelett-Erkrankung, die mit chronischen Schmerzen einhergeht. Häufige Begleitbeschwerden sind Müdigkeit, Schlafstörungen sowie Depressionen. Überdurchschnittlich häufig sind Frauen betroffen. In den Vereinigten Staaten beträgt die Prävalenz 2%. Im Jahre 1989 wurde während eines Monats eine randomisierte, doppelblinde Crossover-Studie an Patienten durchgeführt, die die Kriterien für die Gabe des homöopathischen Einzelmittels Rhus toxicodendron erfüllten [1]. Patienten, die andere Arzneimittel benötigten, wurden von der Studie ausgeschlossen. Bei den Patienten, die das homöopathische Mittel erhielten, konnten grössere Verbesserungen an mehreren schmerzempfindlichen Druckpunkten (sog. „tender points“) sowie beim Schlaf im Vergleich zu den Patienten, die Placebo einnahmen, festgestellt werden.

In der vorliegenden Studie wurde eine doppelblinde, randomisierte, placebo-kontrollierte Machbarkeitsstudie individualisierter homöopathischer Behandlungen bei Fibromyalgie durchgeführt. 62 Patienten mit ärztlich bestätigter Fibromyalgie nahmen an der Studie teil.  Das durchschnittliche Alter betrug 49 Jahre (Standardabweichung 10 Jahre). 94%  waren Frauen. Die Teilnehmenden wurden randomisiert und erhielten täglich LM-Potenzen eines individuell ausgesuchten homöopathischen Mittels oder eines Placebos. Die homöopathischen Behandlungen fanden in einer privaten Praxis zu Beginn der Studie sowie nach 2, 4 und 6 Monaten statt. Um zu verhindern, dass ein unpassendes und damit ungenügend wirkendes homöopathisches Mittel gewählt wurde, führten zwei Homöopathen gemeinsam die Anamnese und Folgegespräche durch. Sie mussten bei der Arzneimittelwahl mit einer Sicherheit von mindestens 7 von 10 Punkten übereinstimmen. Die Zufriedenheit mit der homöopathischen Behandlung wurde mit einem Fragebogen erhoben. Zudem wurden die Anzahl schmerzhafter Druckpunkte („tender points“), der Schmerz an diesen Druckpunkten durch einen unabhängigen Mediziner, für Fibromyalgie erarbeitete Selbstbeurteilungstests für Lebensqualität, Schmerzen, Stimmung sowie die allgemeine Gesundheit untersucht. Diese Parameter wurden an der Universität von Arizona von unabhängigen Fachpersonen zu Beginn der Studie, nach 3 sowie 6  Monaten erhoben. In der vorliegenden Studie werden nur die Ergebnisse der ersten 4 Monate zusammengefasst. Nach dem 4. Monat wurde eine optionale Cross-over Phase durchgeführt, d.h. wenn die Patienten damit einverstanden waren, erhielten die Patienten, die zuvor ein homöopathisches Mittel erhalten haben, im Folgenden ein Placebo und umgekehrt, wobei sie allerdings nicht wussten, welcher Gruppe sie zu Beginn zugeteilt waren. Dieser Teil der Studie wird in einem anderen Artikel  behandelt [2].

Ergebnisse: 53 Patienten konnten nach 4 Monaten in die Auswertung einbezogen werden. 9 Patienten sind aus der Studie ausgestiegen. Die Auswertung der Zufriedenheitsskala mit der homöopathischen Betreuung nach 3 Monaten zeigte zwischen den beiden Gruppen keinen Unterschied. Nach 4 Monaten schätzten die Patienten, die das homöopathische Mittel erhielten, den Nutzen der Behandlung signifikant höher ein als in der Placebo-Gruppe. Die Untersuchung nach 3 Monaten in der Klinik ergab, dass die Patienten, die die homöopathische Behandlung erhielten, im Vergleich zu den Patienten, die Placebo erhielten, eine signifikant höhere Verbesserung bei der Anzahl der Schmerzpunkte, des Schmerzes an diesen Punkten, der Lebensqualität, der allgemeinen Gesundheit sowie einen Trend zu weniger Depressionen zeigten. Bei einem bestimmten Test zur Untersuchung von Schmerzen, der McGill Schmerz Skala konnte kein signifikanter Unterschied innerhalb der vorliegenden Stichprobengrösse festgestellt werden. Die Autoren kommentieren dies damit, dass dieser Test weniger sensitiv sei. In der Ergebnistabelle wird zudem angeführt, dass in der Fatigue-Skala auch kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte. Dies wird von den Autoren nicht kommentiert.

Mit dieser Studie konnten somit die Ergebnisse aus der Studie Fisher et al [1] bestätigt werden. Die Stärke der vorliegenden Studie sehen die Autoren in der längeren Dauer (3 Monate statt einem Monat) und dass Patienten einbezogen wurden, die verschiedene homöopathische Einzelmittel benötigten und nicht nur ein bestimmtes Mittel wie Rhus toxicodendron. Als weitere Vorteile führen sie an, dass zwei Homöopathen in der Arzneimittelwahl weitgehend übereinstimmen mussten, die tägliche Gabe von LM-Potenzen um ein mögliches Antidotieren  der Arznei zu verhindern sowie die Verwendung von kontinuierlichen statt kategorialen Variablen, da diese sensitiver auf Veränderungen reagieren.

Als Schwächen der vorliegenden Studie nennen die Autoren die vergleichsweise kleinen Stichprobengrössen und das Fehlen von objektiven Messparametern. Für  Fibromyalgie waren zum Zeitpunkt der Studie solche Messwerte aber nicht bekannt.

Die Autoren schlussfolgern: Daa es sich um die zweite Studie handelt, die eine Wirkung der Homöopathie bei Fibromyalgie nachweisen konnte, erscheint Homöopathie als eine potentiell risikoarme, evidenzbasierte Möglichkeit in der integrativen Behandlung von Fibromyalgie. Nun seien gemäss Aussage der Autoren randomisierte kontrollierte Studien mit grösseren Stichproben indiziert.

 

I. R. Bell 1,2,3,4,6,8, D. A. Lewis II 9, A. J. Brooks 3, G. E. Schwartz 3,5,6,
S. E. Lewis 9, B. T. Walsh 4 and C. M. Baldwin 3,4,7,8.  Improved clinical status in fibromyalgia patients treated with individualized homeopathic remedies versus placebo. Rheumatology 2004;43:577–582

1 Program in Integrative Medicine, 2 Departments of Psychiatry, 3 Psychology, 4 Medicine, 5 Neurology, 6 Surgery, the 7 Arizona Respiratory Center and the 8 Mel and Enid Zuckerman Arizona College of Public Health at the University of Arizona, Tucson, Arizona, and 9 Saybrook Graduate School and Research Institute, San Francisco, California, USA.

[1] Fisher P, Greenwood A, Huskisson EC, Turner P, Belon P. Effect of homeopathic treatment on fibrositis (primary fibromyalgia). Br Med J 1989;299:365–6.

[2] Bell IR1, Lewis DA 2nd, Brooks AJ, Schwartz GE, Lewis SE, Caspi O, Cunningham V, Baldwin CM. Individual differences in response to randomly assigned active individualized homeopathic and placebo treatment in fibromyalgia: implications of a double-blinded optional crossover design.. J Altern Complement Med. 2004 Apr;10(2):269-83.