Verschränkung und Homöopathie: Die praktischen Konsequenzen eines Verschränkungsmodells für die homöopathische Forschung

Im 2005 publizierten Artikel geht Prof. Harald Walach erneut auf das Thema der Verschränkung (1) in der Homöopathie ein (vgl. auch hier)

Schon Hahnemann sei sich der Problematik der theoretischen Erklärung bewusst gewesen. Er schrieb von der „geistartigen Wirkung der Arznei”. Was könnte es also sonst sein, als ein grundsätzlich nichtlokales Konzept, welches in der Homöopathie wirkt? Man könnte auch das moderne Konzept der Informationsübertragung heranziehen, um Hahnemann’s Aussage umzuformulieren. Allerdings sind wir weit davon entfernt zu verstehen, wie denn solche Informationen transportiert werden könnten. Jene, die von Ursache und Lokalität sprechen, ignorieren die Tatsache, dass bereits Hahnemann eine nichtlokale Erklärung vorgeschlagen hatte. Die moderne nicht-lokale Erklärung ist näher bei Hahnemann’s Aussage der „geistartigen Wirkung” als alle anderen materialistischen Theorien.

Sämtliche Erklärungsmodelle, die auf nicht-lokalen Hypothesen beruhen, haben dasselbe Problem: Sollte die Homöopathie auf Verschränkungsmodellen basieren, dann könnten die Effekte nicht ursachenspezifisch verstanden werden. Sollten ausserdem die homöopathischen Effekte aufgrund von Verschränkungszuständen zustande kommen, müsste die Forschung andere Erklärungsansätze verfolgen. Wenn nämlich die Verschränkung die Grundlage der homöopathischen Wirkungsweise ist, und wir trotzdem weiterhin nach ursachenspezifischen und lokalen Symptomen behandeln, verlieren wir viel. Diese Tatsache hat viel mit dem Umstand der Verschränkung zu tun. Einzelne Teile einer Verschränkung können nicht isoliert betrachtet und gedeutet werden, ansonsten geht der Verschränkungszustand verloren. Grundsätzlich verhält es sich so, dass eine Verschränkung sofort zusammenbricht, wenn man die einzelnen Teile eines verschränkten Systems versucht zu entschlüsseln.

Geht man davon aus, dass die Homöopathie aufgrund von Verschränkung funktioniert, lässt dies bezüglich klinischer, placebokontrollierten Studien den Schluss zu, dass die Effekte durch die homöopathischen Mittel nicht reproduziert werden können. Deshalb wären Metaanalysen und –statistiken am aussagekräftigsten.

Da wir die Effekte nicht gut klar beschreiben können, ist es auch schwierig, Leitlinien zu folgen. Man kann mit Sicherheit sagen, dass placebo-kontrollierte Studien und Experimente in der Homöopathie nicht funktionieren. Deshalb sollte man (auch inskünftig) von ihnen absehen. Der experimentelle Beweis der Wirkung kann sich nur indirekt zeigen und kann auch nur so bewiesen werden. Durch das Nicht-Eingreifen in einen verschränkten Zustand, d.h. durch ein Setup, welches die Verschränkung ungestört lässt, kann die Homöopathie „bewiesen” werden. Genau das passiert in der täglichen Arbeit in der homöopathischen Praxis. Denn niemand versucht in einer solchen Situation, zufällige Signale zu entschlüsseln – und genau deswegen funktioniert es. Es gibt aber auch den Fall, wo der Behandler ein Mittel verschreibt und keine Veränderung der Symptome eintritt, obwohl das Mittel sehr gut gewählt ist. Walach stellt die Hypothese auf, dass dies damit zusammenhängt, dass der Behandler sich selber bestätigen will oder dem Patienten unbedingt zeigen will, dass sein homöopathisches Mittel eine Besserung bringt.

Homöopathie wirkt und funktioniert. Aber die Wirkungsweise dahinter beruht nicht auf lokalen und ursächlichen Prinzipien sondern auf nichtlokalen Prozessen.

Walach ist sich bewusst, dass seine Argumentation bezüglich Wirksamkeitsprinzip der Homöopathie auf wackeligen Beinen steht. Er zeigt sich aber zuversichtlich und geht davon aus, dass sich die Wirkungsweise der Homöopathie mit verschränkten Zuständen erklären lässt, obwohl diesbezüglich noch keine klaren wissenschaftlichen Arbeiten vorliegen – weil es eben nicht möglich ist, einen Verschränkungszustand zu reproduzieren.

Referenzen

1 Zwei oder mehr Teilchen auf subatomarer Ebene können eine (nicht physische) Verbindung miteinander eingehen, die man als „Verschränkung” bezeichnet. Diese miteinander „verschränkten” Teilchen haben dabei immer dieselben physikalischen Eigenschaften; das heißt, verändert man eine solche Eigenschaft bei Teilchen A, kann man diese Änderung ohne Verzögerung auch bei Teilchen B beobachten. Paradox daran ist, dass die „Übertragung” solcher Informationen bezüglich der Teilcheneigenschaften nicht an die Lichtgeschwindigkeit gebunden ist – auch wenn das zu einem Teilchen A verschränkte Teilchen B mehrere Lichtjahre weit entfernt ist, wirkt sich eine Änderung der Eigenschaften von einem der Teilchen sofort auf beide gleichzeitig aus. Zwischen den messbaren Eigenschaften der Systeme scheinen daher Beziehungen zu bestehen, die in der klassischen Physik und auch in klassischen naturphilosophischen Auffassungen nicht angenommen wurden; damit zusammenhängende Interpretationskontroversen betreffen u. a. das sog. Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon. Die verschränkten Teilchen können daher nicht mehr als einzelne Teilchen mit definierten Zuständen beschrieben werden, sondern nur noch das Gesamtsystem als solches.

Literatur

Harald Walach (2005). Entangled – and tied in knots! Practical consequences of an entanglement model for homeopathic research and practice. Homeopathy, 94, 96-99.