Die Untersuchung, die von der Autorenschaft durchgeführt wurde, ist von „The Commission of the European Communities“ finanziell unterstützt worden. Das Ziel war, zu ermitteln, ob aufgrund von Metaanalysen und systematischen Rezessionen eine Wirksamkeit der Behandlung mit Homöopathie bei Menschen nachgewiesen werden kann. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass es sich bei der Frage nach der Wirksamkeit der Homöopathie um ein wissenschaftlich und politisch sehr emotionales Thema handelt. Die Autorenschaft prüfte alle Experimente/Studien, in denen eine homöopathische Behandlung mit Placebo verglichen wurde, unabhängig davon, um welche behandelte Krankheit es sich handelte. Das Projekt war Teil eines Reports für das Europäische Parlament.
Auswahlverfahren
Es wurden die randomisierten klinischen Studien berücksichtigt, bei denen die homöopathische Behandlung mit Placebo verglichen wurde. Bei der homöopathischen Behandlung musste eine Potenz von mindestens 3C (oder höher) benutzt worden sein. Obwohl Homöopathie ein grosses Wirkungsspektrum hat, wurden lediglich Studien inkludiert, bei denen klinische Krankheiten behandelt wurden. Ausserdem mussten die randomisierten Versuche / Experimente der Studien ein klar definiertes „primary outcome“ (1) ausweisen. Des Weiteren wurden verblindete und unverblindete Studien mit einbezogen. Was nicht berücksichtigt werden konnte, war die Frage, ob die Studienteilnehmenden jeweils das „beste“ homöopathische Mittel für ihre Krankheit erhielten.
Statistische Methode
Die Autorenschaft einigte sich auf eine Kombination der verschiedenen P-Values (2). Dies in Anbetracht der Tatsache, dass praktisch alle berücksichtigten Studien von der Frage ausgingen, ob eine homöopathische Behandlung wirksam ist. Die Frage war nicht primär, in wie vielen Studien eine Wirksamkeit der Homöopathie nachgewiesen wurde und wie hoch diese Wirksamkeit war. Genau dafür eignet sich Meta-Analyse, die den P-Wert untersucht. Es gibt verschiedene Methoden, wie die P-Werte in eine Meta-Analyse überführt werden können. Im Originaltext sind diese beschrieben.
Primäres Resultat
Es besteht immer die Möglichkeit, dass bei einer durchgeführten Studie das Resultat zufällig positiv ausfällt. Je mehr Studien gemacht werden, desto grösser wird diese Wahrscheinlichkeit. Wenn im Vorfeld nicht ein primäres Ziel der Studie klar definiert wird, besteht die Möglichkeit, dass die Studie zu einseitigen Schlüssen kommt. Solche Studien würden eine Meta-Analyse verzerren. Aus diesem Grund hat die Autorenschaft nur die Studien ausgewählt, die im Vorfeld ein primäres Ziel klar definiert hatten.
Untergruppen
Weiter hat die Autorenschaft die Studien in Untergruppen bezüglich der methodischen Qualität unterteilt: 1) einfach verblindet oder unverblindet 2) randomisiert und doppelt verblindet, 3) randomisiert, doppelt verblindet und mehr als 90 % der Studienteilnehmenden zum Follow-up erschienen 4) randomisiert, doppelt verblindet und mehr als 95 % der Studienteilnehmenden zum Follow-up erschienen.
Resultat
Es wurden 150 Arbeiten (veröffentlicht und unveröffentlicht) berücksichtigt, davon 118 randomisierte Studien. Nur 16 dieser Studien konnten untersucht werden. Dies deshalb, weil die restlichen 102 Studien vorab kein primäres Ziel definiert hatten. Im Originalartikel sind die berücksichtigten Studien angeführt (Name, Krankheit, Ziel der Studie, welche homöopathischen Mittel etc.). Eine dieser Studien hatte drei Vergleichsgruppen, d.h. es konnte eine Gesamt-Analyse durchgeführt werden, in der insgesamt 17 Studien analysiert wurden. Elf dieser 17 Studien zeigten statistisch signifikante Resultate zugunsten der Homöopathie.
Kommentar der Autorenschaft
Der signifikante P-Wert in der Analyse bedeutet nicht unbedingt, dass eine homöopathische Behandlung in allen zusammengefassten Vergleichen wirksam war. Er bedeutet aber, dass es erstrebenswert ist, weitere gute randomisierte Studien durchzuführen.
Voreingenommenheit von Publikationen
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Resultat dieser Meta-Analyse einseitig ist. Grundsätzlich glaubt die Autorenschaft, dass Untersuchungen bezüglich der Wirksamkeit der Homöopathie eher dann in Nicht-Homöopathie-Zeitschriften publiziert werden, wenn sie negativ ausfallen. Dies deshalb, weil Ärzte grundsätzlich nicht an die Wirksamkeit der Homöopathie glauben.
Obwohl der P-Wert in dieser Analyse statistisch signifikant ist, wenn alle Daten miteinbezogen werden, sähe es anders aus, wenn in der Analyse lediglich die fünf Studien mit der grössten Qualität berücksichtigt worden wären. Diesen Zusammenhang haben bereits Linde et al. (3) beschrieben. Das Zusammenfassen von Studien mit hoher und mittlerer Qualität gibt grundsätzlich ein fehlerhaftes Resultat. Eine Überbewertung von Behandlungsansätzen, wenn qualitativ minderwertige Studien zusammengefasst werden, ist auch in anderen Bereichen der Medizin bekannt. (4)
Weitere / Andere Meta-Analysen
Es wurden bis zum Zeitpunkt der Publikation im Jahr 2000 mehrere Meta-Analysen durchgeführt, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu bestätigen. Zwei davon waren systematische Überprüfungen von klinischen Prüfungen ohne statistische Analyse (5). 1997 wurde von Linde et al. eine Meta-Analyse publiziert, die alle Daten bis 1995 untersuchte (6). Allerdings war die Herangehensweise der Analyse anders als diejenige der Autorenschaft. Diese beschreibt, dass in der Analyse von Linde eine konventionelle Methode verwendet wurde. Das heisst, es wurden odds-ratios (7) zusammengefasst. Diese He-rangehensweise geht davon aus, dass die Grösse des Behandlungseffektes für die verschiedenen Behandlungen (präventiv, akut etc.) verglichen werden kann. Die Autorenschaft bemängelt diese Herangehensweise. Sie geht davon aus, dass die Behandlungseffekte nicht miteinander kombiniert werden können.
Schlussfolgerung
Die Meta-Analyse lässt den Schluss zu, dass Homöopathie gegenüber Placebo einen signifikanten Effekt hat. Sie sagt aber nichts darüber aus, wann, bei welcher Diagnose und bei welchen Symptomen die Homöopathie gegenüber Placebo besser abschneidet. Die Autorenschaft ist der Auffassung, dass die Aussagekraft der Analyse nicht gross ist. Dies vor allem deshalb, weil die Qualität der untersuchten Studien zum Teil von geringer Qualität ist.
Die Homöopathie soll aber mit der gleichen Beurteilungsmethode wie die Schulmedizin bewertet werden. Dazu sind weitere klinische Studien mit Hunderten von Patienten nötig und ein klinisch relevantes Ergebnis soll im Vorfeld festgelegt werden. Erst dann wird es möglich sein, Schlussfolgerungen zu ziehen, ob homöopathische Behandlungen wirksam sind.
Flavia Leimbacher,
Wissenschaftsgruppe
Referenzen
- Das „primary outcome“ ist das Ergebnis, welches die Ermittlerin als das wichtigste Ergebnis betrachtet (unabhängig von anderen Resultaten). Das „primary outcome“ muss vor Studienbeginn definiert und festgelegt sein.
- Der P-Wert ist in der Testtheorie ein Evidenzmass für die Glaubwürdigkeit der Nullhypothese, d.h. das Nicht-Zutreffen einer aufgestellten Hypothese, die besagt, dass ein bestimmter Zusammenhang nicht besteht.
- Linde K. Scholz M. Ramirez G. Clausius N. Melchart D., Jonas W B (1999) Impact of study quality on outcome in placebo-controlled trials of homeopathy, J Clin Epidemiol 52: 631-636
- Moher D., Pham B., Jones A., Cook D., Jades AR, Moher M. et al (1998) Does quality of reports of randomised trials affect estimates of intervention efficacy reported in meta-analyses? Lancet 352 : 609-613
- Kleijnen J, Knipschild PG, ter Riet G (1991) Clinical trials of homeopathy. BMJ 302: 316-323Hill C, Doyon F (1990) Review of randomized trials of homeopathy. Rev Epid et Sante Publ 38: 139-147
- Linde K. Clausius N, Ramirez G, Melchart D, Eitel F, Hedges LV, et al (1997) Are the clinical effects of homeopathy placebo effects? A meta-analysis of placebo-controlled trials. Lancet 350 : 834-843
- Die Odds-Ratio: hier werden die Chancen für eine Fragestellung berechnet. Die Methode wird bei medizinischen Statistiken verwendet.
Literatur
- Evidence of clinical efficacy of homeopathy, A meta-analysis of clinical trials, M. Cucherat, M.C. Haugh, M. Gooch, J.-P. Boissel, for HMRAG group, Eur J Clin Pharmacol (2000) 56 : 27-33
- Wikipedia