Zusammenfassung ‘Runder Tisch’ zur HFP in Homöopathie

HFP

Einleitung

Aufgrund der tiefen Bestehensquote des Prüfungsteil P1 (schriftliche Fallstudie) der HFP im Fachbereich Homöopathie im Herbst 2022 und Frühling 2023 haben die Homöopathieschulen SHS, SHI einen ‘runden Tisch’ gewünscht, um den Ursachen auf den Grund zu gehen und mögliche Verbesserungen/Anpassungen zu eruieren. Zusätzlich wurde die HWS von beiden Schulen zur Teilnahme eingeladen. Der Begriff ‘runder Tisch’ steht für diskursive und kooperative Gespräche, bei denen die Teilnehmenden gleichberechtigt sind, aktiv zur Diskussion beitragen und versuchen, einen gemeinsamen Konsens und/oder gemeinsame Lösung zu finden.

Teilnehmende des ‘runden Tischs’ waren

  • Vertreter der Schulen SHS, SHI und HWS
  • Leitung QSK OdA AM
  • Prüfungsleitung HFP OdA AM
  • Leitung PoKo OdA AM
  • Chefexperte HFP Fachrichtung Homöopathie
  • Co-Präsidium HVS

Zwischen der ersten Sitzung am 18.3.2024 und letzten Sitzung am 14.06.2024 mit allen Teilnehmenden fanden zwei weitere separate Sitzungen zwischen der QSK OdA AM und Prüfungsleitung HFP mit den Schulen SHS und SHI statt.

Die Gespräche verliefen nach Meinung aller Beteiligten in einer konsensorientierten und respektvollen Atmosphäre, in der verschiedene Punkte kritisch diskutiert werden konnten.

Besprochene Themen und Ergebnisse

Methodenvielfalt

In der Schweiz gibt es eine Vielfalt an Methoden, um Homöopathie anzuwenden. Die Schulen legen großen Wert darauf, dass diese Vielfalt erhalten bleibt und die Absolventen keinen Nachteil erfahren, unabhängig davon, welche Methode sie anwenden.

In den Sitzungen wurden die verschiedenen methodischen Ansätze umfassend vorgestellt. Es steht allen offen, die unterschiedlichen Methoden anzuwenden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass die eigene Arbeitsweise klar und verständlich erklärt wird, damit sie für Experten nachvollziehbar ist.

Klärung Grenze fachrichtungsspezifisch vs. fachrichtungsübergreifend

In den Gesprächen hat sich gezeigt, dass nicht immer klar ist, wie der Begriff ‘fachrichtungsspezifisch’ auszulegen ist. Die Formulierungen betr. Anamnese in Leitfaden und Beurteilungsraster P1 nennen eine ‘fachrichtungsspezifische’ Anamnese von ‘fachrichtungsrelevanter’ Qualität. Damit sind auch weitergehende Aspekte mitgemeint (zB. Temperaturempfindlichkeiten, Nahrungsvorlieben, Familienanamnese, Sozialanamnese), die –umfassender und nicht rein fachspezifisch sind (im Sinne des Berufsbildes NHP).

Zur Vermeidung zukünftiger Missverständnisse werden Leitfaden und Beurteilungsraster entsprechend ergänzt.

Körperliche Untersuchungen – Beobachtungen

SHI und SHS haben in ihrer ausführlichen Eingabe zhd der QSK darauf hingewiesen, dass aus der Definition der «Erstanlaufstelle» im Berufsbild nicht ableitbar ist, dass in jedem Fall eine körperliche medizinische Untersuchung beschrieben werden muss. Aufgrund des Wegfalls von Prüfungsteil P3 erwartet die QSK inzwischen aber, dass die medizinischen Kompetenzen auch anhand einer körperlichen Untersuchung dargestellt werden.

Können oder dürfen bestimmte körperliche Untersuchungen nicht selbst durchgeführt werden, so muss trotzdem beschrieben werden, welche Untersuchungen theoretisch in Frage kämen und welche Erwartungen man an delegierte Untersuchungen stellt und wie diesbezüglich die Verlaufsbeurteilung sichergestellt wird.

Alle relevanten medizinischen Kompetenzen sollten gemäss Berufsbild im Verlauf der Betreuung über mindestens sechs Monate deutlich gemacht werden, auch wenn nicht immer eine eigene Untersuchung erforderlich ist.

Für den Fall wichtige objektive Merkmale müssen erfasst und beschrieben werden. In einzelnen Beurteilungen beanstandete Aspekte wie Haar- und Augenfarbe gehören allerdings nicht dazu. Statur, Gewicht, Grösse und andere relevante objektive Informationen sind zu erfassen, wenn sie mit Bezug auf das Krankheitsbild von Bedeutung sind.

Fallauswahl

Daraus ergibt sich, dass die Fallauswahl sehr wichtig ist. Es geht nicht primär darum, einen beeindruckenden Fall zu zeigen. Grundsätzlich sind alle Krankheitsbilder möglich – aber nicht alle sind gleich gut geeignet, um medizinische Kompetenzen zu demonstrieren. Es empfiehlt sich deshalb, dass KandidatInnen einen geeigneten Fall wählen, der es ermöglicht, notwendige Untersuchungen und Abklärungen sowie alle weiteren für die Fallstudie geforderten Kompetenzen darzustellen.

Repertorisation und Differentialdiagnose

Gedankengänge und Entscheidungsprozesse zur Mittelwahl müssen klar und stimmig nachvollziehbar sein.

Bei einer Mittelfindung ohne Repertorisation (z.B. moderne Methoden, Jus-Methode) muss der Weg zur Mittelfindung lückenlos und mit „besonderer Sorgfalt auf die Nachvollziehbarkeit der Mittelwahl“ (siehe Grundlagendokument Homöopathie (Ressourcen HOM-Definition) auf der OdA-Website) beschrieben werden. Die Vorgehensweise muss in sich konsistent sein.

Die Differenzialdiagnostik muss eine Verbindung zwischen Patientensymptomatik und den zu differenzierenden Mitteln herstellen. Die körperlichen Hauptbeschwerden sind dabei nicht zwingend einzubeziehen – je nach Fall und Methode eignen sich Gemütssymptome genauso gut (sofern nachvollziehbar und konsistent begründet).

Eine blosse Ausdeutschung der Repertorisation oder ein Kopieren von Beschreibungen aus der Materia Medica sind für eine Differenzialdiagnose nicht ausreichend.

Potenzen, Posologie und Verlaufsbeurteilung

In Bezug auf die Mittelwahl und -verschreibung gibt es keine festen Regeln oder Standards (z.B. Hoch-/Tiefpotenzen, Abstand Mittelgabe, Darreichungsform etc.). Die Handhabung und die Begründungen müssen jedoch nachvollziehbar und gut dokumentiert sein.

Die Kandidaten sollen ihre Überlegungen zur Verschreibung klar darlegen und erklären, warum sie bestimmte Entscheidungen getroffen haben.

Die Verläufe nach den Verschreibungen müssen kontrolliert werden und die Vorgehensweise soll individuell auf den Patienten und die Erkrankung angepasst werden.

Beziehungsgestaltung zu Fachpersonen / Netzwerk

Gemäss aktuellem Leitfaden ist keine fallbezogene Darstellung des Netzwerks erforderlich, eine allgemeine Darstellung des Netzwerks ist genauso möglich. Unklar war bisher hingegen die Formulierung betr. Zusammenarbeit mit Fachpersonen. Dies wird dahingehend präzisiert, dass die Beziehungsgestaltung zu Fachpersonen anhand des präsentierten Falles darzustellen ist.[1]

Auch MentorInnen dürfen für Fragestellungen herangezogen werden, sofern dokumentiert wird, wie viel diese beigetragen haben. Es ist allerdings nicht erlaubt, den Fall im Mentorat zu bearbeiten.

Im Rahmen von Kap. 3 (Beziehungsgestaltung / Netzwerk / Einbezug Fachpersonen / unterstützende Behandlung organisieren) sind auch Patientenanliegen zu berücksichtigen und darzustellen.

Reflexion und persönlicher Lernzuwachs

Gerade bei der Reflexion geht es auch darum, im Verlauf der Fallbearbeitung festgestellte Schwächen und Schwierigkeiten (sowie auch Stärken) zu thematisieren. Der persönliche Lernzuwachs sollte mit einer selbstkritischen Distanz beschrieben werden. Es geht in diesen Bereichen vor allem darum, den Fallverlauf zu beurteilen, den Lernzuwachs zu beschreiben und das eigene Handeln zu reflektieren.

ExpertInnenhaltungen und Bewertungsniveau

Die ausgefüllten Beurteilungsraster können den Eindruck erwecken, dass die ExpertInnen bei der Beurteilung der Fallstudien nur das Negative suchen. Das SBFI verlangt aber, dass die Vergabe von B- oder C-Bewertungen klar begründet werden.

Da die HFP ein Abschluss auf tertiärem Niveau ist, fliessen auch Grammatik und Orthographie in die Bewertung mit ein. Allerdings ist es nicht angemessen, einen Abzug wegen zwei Orthographiefehlern auf 50 Seiten zu machen. Auf einen solchen Fall hat die SHS hingewiesen. Die QSK hat bereits reagiert und intern beschlossen, orthographische Fehler nur dann negativ zu bewerten, wenn die Lesbarkeit beeinträchtigt ist.

Zu Diskussionen kommt es auch immer wieder in Bezug auf mögliche Doppelbestrafungen. Die QSK konnte plausibel darlegen, dass gewisse Aspekte (z.B. die medizinischen Kompetenzen und Ressourcen) mehrfach bemängelt werden müssen, wenn sie nicht gezeigt werden (Erstanamnese, Fallverlauf, Evaluation). Umgekehrt haben die Schulen auf tatsächliche Doppelbestrafungen hingewiesen (Kriterium 5.1 / 5.2.; in Kriterium 7 wurden in einem Fall alle Unterkriterien mit den gleichen Argumenten bemängelt). Die Prüfungsleitung wird diesen Aspekt intern aufnehmen und die ExpertInnen entsprechend schulen.

Die ExpertInnen werden geschult, respektvoll und unterstützend zu agieren/bewerten. In der Vergangenheit ist es manchmal zu negativen Feedbacks gegenüber Kandidatinnen gekommen. Es ist wichtig, dass Kandidierende, die sich an der Prüfung negativ behandelt gefühlt haben, dies umgehend an die Prüfungsleitung melden. Sollten sie befürchten, dass eine solche Rückmeldung einen negativen Einfluss auf ihr Endergebnis haben könnte, wenden sie sich direkt an ihre ehemalige Schule oder den Homöopathieverband Schweiz. Diese werden die Beanstandungen an die QSK OdA AM weiterleiten.

Fazit

Die Bestehensquote unterliegt auch in anderen HF-Berufen Schwankungen. Die Teilnehmenden des runden Tischs sind jedoch zuversichtlich, dass die getroffenen Massnahmen dazu beitragen, die Bestehensquote zu verbessern.

  • Die Kommunikation zwischen alle Parteien wird aktiv und kontinuierlich verbessert.
  • Unklarheiten in Leitfäden und weiteren Dokumente wurden und werden präzisiert und so schnell wie möglich publiziert und kommuniziert (bereits bestehende Dokumente auf der OdA AM-Homepage: Die 10 häufigste Stolpersteine HFP, Unklarheiten Prüfungsteil P1-P4)
  • Inputs und Erkenntnisse aus den Gesprächen fliessen in die Expertenschulungen ein.
  • Das Ziel der Fallstudie ist nicht in erster Linie die Dokumentation eines ‘geheilten Falles’, sondern die Darstellung der naturheilkundlichen Kompetenzen gemäss dem Berufsbild Naturheilpraktiker/ Naturheilpraktikerin und den fachrichtungsspezifischen Vorgaben.
  • Die Methodenvielfalt resp. gleichberechtigte Bewertung verschiedener Methoden wird innerhalb dieses Rahmens gewährleistet.
  • Die Fallauswahl in P1 kann für das Bestehen der Prüfung entscheidend sein.
  • Sowohl die OdA AM als auch SHI und SHS bieten Informationsveranstaltungen und Vorbereitungsangebote an. Potentiellen KandidatInnen wird empfohlen, diese Angebote in Anspruch zu nehmen.
  • KandidatInnen, die sich an einer Prüfung unfair behandelt fühlen, werden dazu ermuntert, die Vorkommnisse direkt an die Prüfungsleitung oder über ihre Schule respektive den Homöopathieverband HVS der QSK OdA AM zu melden.

Es liegt allen Parteien am Herzen, dass die KandidatInnen eine faire Prüfung erleben.

 

[1] Gemäss interner PL-Diskussion nach dem gemeinsamen Austausch, wird zur Vereinfachung zukünftig das ‘oder’ im Leitfaden und im Kriterium 6.2 durch ‘und’ ersetzt. Damit wird in jedem Fall eine fallspezifische Darstellung des Netzwerkes erwartet.