Homöopathie bei Diabetes (To et al. – 2017)
Verschiedene grossangelegte Studien zeigten, dass die meisten Typ II-Diabetes-Patienten mit Monotherapie, unabhängig vom jeweiligen Medikament, die empfohlene glykämische Kontrolle nicht erreichen (HbA1c≤7.0) (3-5). Analysen aus dem Hong Kong Diabetes Registry zeigen hohe Prozentsätze von Patienten mit Mehrfachmedikation und nicht optimaler glykämischer Kontrolle (60.3%), v.a. bei Patienten mit langer Krankheitsdauer. In der vorliegenden retrospektiven Kohortenstudie Studie wollten die Autoren herausfinden, welchen Effekt individualisierte Homöopathie auf diese Patienten hat, vor allem auch im Hinblick auf ihre verschiedenen Basischarakteristika (Alter, Geschlecht, Dauer der Krankheit, etc.). Die Resultate könnten somit Hinweise geben, für welche Gruppen von Diabetes-Patienten Homöopathie besonders hilfreich sein könnte.
Es wurde angenommen, dass eine 6-monatige Homöopathiebehandlung, zusätzlich zur konventionellen Behandlung, zu einer signifikanten Verbesserung der Nüchtern-Plasmaglukose-Werte (FPG, Blutzucker) führen würde. Weiter wurde angenommen, dass dieser Behandlungseffekt dem gleichen Muster folgen würde, wie die konventionelle Behandlung, d.h. höhere Nüchtern-Plasmaglukose-Ausgangswerte, längere Krankheitsdauer und Anzahl der oralen Antidiabetika würden einhergehen mit einer schlechteren glykämischen Kontrolle.
Hauptziel der Studie war daher der Vergleich der Nüchtern-Plasmaglukose-Werte vor und nach der 6-monatigen Behandlung in der Homöopathie-Gruppe und in einer Kontrollgruppe. Untergeordnete Ziele waren der demographische Vergleich und die diabetologische Geschichte der Personen in beiden Gruppen sowie die Veränderungen folgender Parameter: HbA1c, Gesamt-Cholesterin, HDL, LDL, Triglyzerid vor und nach der Behandlung. Damit wollten die Autoren herausfinden, ob die Veränderung des Nüchtern-Plasmaglukose-Wertes etwas mit diesen Basischarakteristika zu tun hat.
In der Homöopathie-Gruppe waren 27 Erwachsene im Alter von 37 bis 84 Jahren von 2012 bis 2015 mit individualisierten homöopathischen Arzneien behandelt worden. Veröffentlichte Daten von 40 Patienten mit Diabetes Typ II mit konventioneller Standardbehandlung in einer gemeinnützigen Chinesischen Organisation für Diabetes, Angel of Diabetic group HK, wurden als Kontrollgruppe herangezogen. Veränderung im Nüchtern-Plasmaglukosespiegel und glykiertem Hämoglobin (HbA1c) nach 12 Monaten oder nach dem letzten Follow-Up wurden als primäre Messparameter untersucht. Die demographischen Daten (Alter, Geschlecht, Raucher/Nichtraucher, Alkoholkonsum), Ausgangswerte der diabetologischen Krankheitsgeschichte (Dauer des Diabetes, Vorgeschichte von kardiologischen Akutereignissen, Schlaganfall, Retinopathie, periphere Neuropathie, Art der Behandlung, Anzahl orale Antidiabetika) wurden als sekundäre Messparameter aus den klinischen Berichten von beiden Gruppen gesammelt.
Eine statistische Berechnung, basierend auf früheren Studien und dem Hong Kong Diabetic Registry ergab, dass eine Stichprobengrösse von mindestens 25 Patienten nötig sei. Von 364 neuen homöopathischen Fällen konnten 32 identifiziert werden (das entspricht einer Prävalenz von Diabetes von 8.8%), die allen Kriterien entsprachen, 27 davon konnten für die Studie berücksichtigt werden.
Die Personen aus der Homöopathie-Gruppe waren in Bezug auf folgende Faktoren den Personen aus der Kontrollgruppe ähnlich: Alter, Geschlecht, Raucher/Nichtraucher und Alkoholkonsum. Hingegen hatten in der Homöopathie-Gruppe mehr Patienten eine lange (>20 Jahre) Krankheitsgeschichte von Diabetes (p=0.006), höhere Nüchtern-Plasmaglukose-Werte (p=0.044) und eine Vorgeschichte von mehr kardiologischen Akutereignissen (p=0.022). Mehr Patienten hatten gar keine Medikation (p<0.001), aber wenn sie Medikation hatten, dann war die Anzahl der oralen Antidiabetika höher (p=0.047).
Nach zwölf Monaten war die durchschnittliche Veränderung des Nüchtern-Plasmaglukose-Wertes in der Homöopathie-Gruppe signifikant grösser als in der Kontrollgruppe: −2.24 mmol/L (95% CI: −3.47 bis −1.01) gegenüber von 0.16 mmol/L (95% CI: −1.72 bis 2.04), p = 0.001. Die durchschnittliche Veränderung des glykierten Hämoglobins (HbA1c) war auch signifikant grösser, −1.11% (95% CI: −2.17 bis −0.05) gegenüber von 0.08% (95% CI: −1.37 bis 1.53), p = 0.046. Schlechtere Ausgangswerte in der glykämische Kontrolle waren verbunden mit besseren Resultaten (r = −0.750, p < 0.001). Die Ergebnisse hielten verschiedenen Sensitivitätsanalysen stand. Die erwarteten Korrelationen zwischen Alter, Dauer des Diabetes und Anzahl der oralen Antidiabetika waren hingegen alle nicht-signifikant.
Die Resultate der Studie stimmten mit Resultaten aus früheren Studien überein (6,7). Die Veränderung war in den früheren Studien gemäss Aussage der Autoren allerdings kleiner, trotz der viel grösseren Stichprobengrösse. Die Autoren begründen dies damit, dass in diesen früheren Studien nur Patienten mit guter glykämischer Kontrolle eingeschlossen wurden. Entsprechend seien mögliche Verbesserungen geringer.
Die Veränderung der Nüchtern-Plasmaglukose-Werte und des HbA1c waren in dieser Studie sogar signifikant gegenüber der Veränderung, die ein zusätzliches orales Antidiabetika, wie z.B. Saxagliptin, bei schlecht eingestellte Diabtes Typ II Patienten bringen würde (10mg 1x täglich: -1.14±0.14 mmol/L FPG Werte und -0.58%±0.07% für HbA1c) (8). Obwohl diese Untersuchung nicht randomisiert, nicht prospektiv und mit einer kleinen Stichprobengrösse durchgeführt worden ist, unterstützt sie weitere Untersuchungen über die Effektivität der Homöopathie, speziell für Diabetes-Patienten mit schlechten Prognosen.
Schlussfolgerung
Individualisierte homöopathische Behandlung als Zusatz zu einer konventionellen Behandlung führte in dieser retrospektiven Studie zu einer besseren glykämischen Kontrolle gegenüber einer ausschliesslichen konventionellen Behandlung bei Typ II Diabetes – besonders bei Patienten mit langer Krankheitsdauer und schlechter glykämischer Kontrolle.
Originaltitel: Individualized homeopathic treatment in addition to conventional treatment in type II diabetic patients in Hong Kong – a retrospective cohort study (Individualisierte homöopathische Behandlung als Zusatz zur konventionellen Medikation bei Diabetes Typ II-Patienten in Hong Kong – eine retrospektive Kohortenstudie)
Autoren: Ka Lun Aaron To, 1 Yuen Ying Yvonne Fok, 2 ,* Ka Chun Marc Chong, 2 Yuen Chi Joanne Lee und Ling Shan Sandy Yiu 1
Homeopathy. 2017 May; 106(2): 79–86.
Published online 2017 Dec 28. doi: 10.1016/j.homp.2017.02.002
PMCID: PMC6376626, PMID: 28552177
Referenzen
1 Hong Kong Association of Homeoptahy, Hong Kong
2 The School of Public Health and Primary care, The Chinese University of Hong Kong, Hong Kong
3 Chuang L, Tsai S, Huang B, Tai T. The status of diabetes control in Asia -a cross-sectional survey of 24’317 patients with diabetes mellitus in 1998. Diabet Med 2002; 19(12): 978-985.
4 Liebl A, Neiss A, Spannheimer A, et al. Complications, co-morbidity, and blood glucose control in type 2 diabetes mellitus patients in Germany -results from the CODE-2 study. Exp Clin En-docrinol. Diabetes 2002; 110(1): 10-16.
5 Koro CE, Bowlin SJ, Bourgeois N, Fedder DO. Glycemic control from 1988 to 2000 among U.S. adults diagnosed with type 2 diabetes: a preliminary report. Diabetes Care 2004; 27(1): 17-20.
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