HVS-News 2019/3 – The Spirit of London – die vierte internationale Konferenz zur Homöopathie-Forschung

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Vom 14. bis 16. Juni dieses Jahres fand die 4. Internationale, vom Homoepathy Research Institut (HRI) organisierte Konferenz zur Homöopathieforschung in London statt. 352 Personen aus 38 Ländern nahmen an diesem inspirierenden Symposium teil, an dem auch das 10jährige Bestehen des HRI gefeiert wurde. Wie auch schon 2013 in Barcelona, 2015 in Rom und 2017 in Malta umfasste die Tagung Präsentationen aus den Bereichen klinische Forschung, Grundlagenforschung, Methodik und Veterinärhomöopathie. Zudem gab es wieder eine Poster-Ausstellung, in der man bei einem Glas Wein und feinen Häppchen mit den Forschenden über ihre Poster diskutieren konnte. Im Folgenden werden ausgewählte Vorträge und Forschungsergebnisse präsentiert. Weitere Informationen und einen Bericht über die Tagung (englisch) findet man unter www.hrilondon2019.org. Dort kann man auch das ausgesprochen informative Tagungsprogramm mit allen Abstracts zu den einzelnen Präsentationen und Postern herunterladen. Die gefilmten Vorträge sollen ebenfalls bald zur Verfügung stehen.

Kritik an der Homöopathie, Systematische Reviews und Meta-Analysen

Die Konferenz startete mit der Frage, ob die Homöopathie ein faires Gehör erhält. Robert Hahn, Professor für Anästhesie und Intensivmedizin in Schweden, diskutierte die Vorurteile gegenüber der Homöopathie. Er zeigte auf, dass die Kritiker der Homöopathie die These, dass sich Homöopathie nicht von Placebo unterscheide, mit einer einseitigen Auswahl von Studien begründen. Um zu dem Schluss zu kommen, dass die Homöopathie keine klinische Wirkung hat, die sich von Placebo unterscheidet, müssten gemäss seiner Aussage 90% aller verfügbaren klinischen Studien weggelassen oder aber fehlerhafte statistische Methoden angewendet werden. Robert Hahn, der sich ursprünglich mit dieser Frage nur auseinandersetzte, weil ihm aufgefallen war, wie unwissenschaftlich über Homöopathie diskutiert wurde, und er sich daher selbst ein Bild von der Wirksamkeit der Homöopathie machen wollte, hat die Ergebnisse seiner Untersuchung in einem 2013 erschienenen Artikel veröffentlicht. Diesen haben wir auf unserer HVS-Website https://hvs.ch/meta-analyse-hahn/ zusammengefasst.

Rachel Roberts, HRI Chief Executive, vertiefte dieses Thema, indem sie die wichtigsten wissenschaftlichen Mängel des Berichtes des Australian National Health & Medical Research Council (NHMRC, allgemein als sog. „Australian Report“ bezeichnet) und der darauf aufbauenden EASAC-Erklärung (EASAC steht für European Academies Scientific Advisory Council) darlegte. Zudem zeigte sie die verschiedenen, für die Homöopathie-Gemeinschaft ausgesprochen wertvollen Anstrengungen des HRI auf, diese einseitigen Behauptungen in Frage zu stellen. Mehr dazu findet man auf der HRI-Website https://www.hri-research.org/resources/homeopathy-the-debate/.

Dr. Robert Mathie (UK) stellte die Ergebnisse seines umfangreichen zehnjährigen Arbeitsprogramms zu systematischen Reviews und Meta-Analysen von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) vor. Die Qualität dieser Studien wurde bei 5 RCTs mit hoch, bei 31 Studien mit mittel und bei 54 Studien mit niedrig beurteilt. Vier der qualitativ hochwertigen Studien waren placebokontrolliert. R. Mathie erläuterte in seiner Präsentation, dass es 5 hochwertige homöopathische RCTs gibt, die Hinweise auf eine deutliche Wirkung homöopathischer Arzneimittel im Vergleich zu Placebo enthalten. Zusätzliche qualitativ hochwertige Forschung sei aber notwendig, um umfassendere Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Dr. Katharina Gaertner (CH) präsentierte Ergebnisse ihres Reviews, in dem sie neben RCTs auch kontrollierte Beobachtungsstudien berücksichtigt hat. Sie konnte insgesamt 600 Originalstudien mit 202 verschiedenen Erkrankungen in ihre Studie aufnehmen. Für 52 Erkrankungen konnten mindestens zwei kontrollierte Studien identifiziert werden. Dies ist deshalb interessant, weil in der evidenzbasierten Medizin (EBM) nur Ergebnisse zählen, wenn zu der gleichen Erkrankung Ergebnisse von mehreren Studien vorliegen. In der EBM werden hauptsächlich randomisierte kontrollierte Studien gefordert. Die Einschlusskriterien für diese Studien müssen allerdings häufig derart eingeschränkt werden, dass sie nur bedingt dem klinischen Alltag entsprechen. So werden z.B. in der Regel Patienten und Patientinnen mit mehreren Erkrankungen ausgeschlossen. In sogenannten Beobachtungsstudien oder auch Kohortenstudien wird genau dieser klinische Alltag untersucht. Deshalb sind kontrollierte Beobachtungsstudien in Ergänzung zu RCTs ausgesprochen wertvoll.

Genau dies hob Dr. Michael Teut (D) in seiner Präsentation hervor. Er erklärte, wie Entscheidungsträger von einer «comparative effectiveness research» profitieren können, in der die Homöopathie im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden untersucht wird. Im Englischen wird dabei zwischen «efficacy» und «effectiveness» unterschieden. «Efficacy» meint im Deutschen die spezifische Wirkung unter «Idealbedingungen», wie sie mit randomisierten kontrollierten Studien untersucht wird. Mit «effectiveness» wird die Wirksamkeit einer Behandlung unter Normalbedingungen, d.h. im klinischen Alltag bezeichnet, wie sie in Beobachtungsstudien untersucht werden kann.

Einen sehr interessanten Ansatz, wie randomisierte kontrollierte Studien mit Beobachtungsstudien kombiniert werden können, präsentierte Dr. Clare Relton (UK) mit dem von ihr entwickelten «Trial within Cohorts» (TwiCS) Forschungsdesign https://www.twics.global/. Die Idee ist, dass eine oder mehrere RCTs innerhalb einer gross angelegten Kohorten-Studie, d.h. Beobachtungsstudie, durchgeführt werden.

Homöopathie und Krebs

Dr. Elizabeth Thompson (UK), teilte mit uns ihre Erfahrung der Integration der Homöopathie in die onkologische Pflege. Sie hob den Wert dieser Integration für die Behandlung der Nebenwirkungen während der Krebstherapie hervor.

Erste Ergebnisse einer retrospektiven Beobachtungsstudie von Dr. Elio Rossi und Dr. Noberasco (IT) mit 30 Brustkrebspatientinnen zeigen, dass der Schweregrad der Radiodermatitis in der Homöopathie-Gruppe geringer ausfiel als in der Kontroll-Gruppe ohne homöopathische Behandlung. Die Patientinnen der Homöopathie-Gruppe bekamen vor der Bestrahlung Radium bromatum 6CH, nach der Behandlung Belladonna 6CH, zudem lokal ein Alkalisierungsmittel und Calendula-Salbe.

In einer Studie aus Israel untersuchte Dr. Yakov Freed retrospektiv den Nutzen einer homöopathischen Behandlung innerhalb eines integrativen onkologischen Angebots. Die Daten von 34 Patienten und 90 Patientinnen konnten ausgewertet werden. Dreiviertel dieser Patientinnen und Patienten berichteten von einer Besserung ihrer Symptome.

Dr. Jean-Lionel Bagot und Dr. Ingrid Theunyssen (FR) stellten ein Projekt vor, in dem sich die internationale Homöopathische Gesellschaft für unterstützende Pflege in der Onkologie (www.shisso-info.com) zum Ziel gesetzt hat, für die onkologische Begleitbehandlung Empfehlungen bewährter Indikationen zu erarbeiten. Diese wurden in einem Konsensusprozess [1] entwickelt und evaluiert. Die Empfehlungen wurden gemäss Aussage der Vortragenden so ausgewählt, dass sie sehr sicher in der Anwendung sind, dass sie keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln hervorrufen und dass keine signifikanten Nebenwirkungen bekannt sind. Die Autoren hoben zudem hervor, dass diese Empfehlungen in keiner Weise eine individualisierte homöopathische Beratung ersetzen. Schaue ich mir diese kochbuchartigen Empfehlungen nun auf der genannten Website an, frage ich mich doch, ob eine so «vereinfachte» homöopathische Anwendung der Homöopathie und den Patienten nicht mehr schadet als nützt?

Versorgungs-Studien und weitere klinische Studien

Eine vergleichende Beobachtungstudie mit 283 Patienten und Patientinnen aus Indien präsentierte Dr. Debadatta Nayak. In dieser Studie konnten die Betroffenen während eines schweren Ausbruchs von Dengue-Fieber in Neu-Delhi im Jahr 2015 wählen, ob sie zusätzlich zur konventionellen Behandlung der Thrombozytopenie eine homöopathische Behandlung in Anspruch nehmen wollten. 138 Erkrankte wählten die homöopathische Zusatzbehandlung, 145 die konventionelle Behandlung allein. Die Ergebnisse zeigten, dass die Thrombozytenzahl in der Homöopathie-Gruppe signifikant schneller anstieg als in der konventionellen Gruppe. Diese Ergebnisse sollten nun in einer randomisierten, kontrollierten Studie vertiefend untersucht werden.

Dr. R. Manchanda stellte eine weitere Studie aus Indien vor, in welcher der Einsatz einer ergänzenden homöopathischen Behandlung beim akuten Enzephalitis-Syndrom bei Kindern untersucht wurde. In dieser «open-label» [2] randomisierten placebokontrollierten Studie erhielten 325 betroffene Kinder zwischen 6 Monaten und 18 Jahren zusätzlich zur konventionellen Behandlung Homöopathie, 323 Kinder bekamen Placebo. Wie auch schon in einer Beobachtungstudie mit 151 Kindern, die im Vorfeld durchgeführt wurde, gab es einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen, und es starben weniger Kinder in der Homöopathiegruppe. Die am häufigsten verwendeten Arzneimittel waren Belladonna (n = 116 Kinder), Stramonium (n = 33), Arsenicum album (n = 25), Sulphur (n = 18), Opium (n = 17) und Nux vomica (n = 10).

In einer einfach verblindeten randomisierten, placebokontrollierten Pilotstudie untersuchten Dr. Roja Varanasi und Kollegen in Indien die Auswirkungen einer individualisierten homöopathischen Behandlung bei essentiellem Bluthochdruck Grad 1. 217 Patienten mit Hypertonie Grad 1 wurden randomisiert und erhielten entweder eine individualisierte homöopathische Behandlung (116 Betroffene) oder Placebo (101 Betroffene). Beide Gruppen bekamen zudem Empfehlungen zur Veränderung des Lebensstils. Der systolische und der diastolische Blutdruck wurden jeden Monat über drei Monate hinweg gemessen. Es konnten signifikante Unterschiede zugunsten der homöopathischen Behandlung festgestellt werden.

Dr. E. Rossi stellte eine Studie aus Italien vor, in der die homöopathische Begleitung von 563 erwachsenen Patienten mit einer atopischen Erkrankung untersucht wurde. 202 (35,9%) Betroffene litten an atopischer Dermatitis, 204 (36,2%) an allergischer Rhinitis und 157

(27,9%) an Asthma. Die am häufigsten verschriebenen Heilmittel waren bei Asthma Nat-s. und Ars., bei allergischer Rhinitis Puls. und Ars-i. sowie bei Neurodermitis Sulph. und Nat-s.

69,3% der Patientinnen und Patienten zeigten eine moderate oder deutliche Besserung (71,1% mit Asthma als primäre Krankheit, 69,8% mit Rhinitis, 67,1% mit Dermatitis). Bei einer weiteren Analyse nach 5-12 Jahren wurde bei 69,6% der Patientinnen und Patienten eine vollständige Remission der atopischen Symptome beobachtet: Dermatitis 100%, allergische Rhinitis 59,2%; Asthma 75%. Erwachsene Patienten mit mehr als einer atopischen Erkrankung beim ersten Besuch waren in 54,3% der Fälle vollständig geheilt.

Veterinärmedizinische Studien

Dr. Cidéli Coelho aus Braslilien präsentierte eine randomisierte, verblindete Studie, in der Papaver somniferum 200cH und Arnica Montana 30cH bei der Unterstützung der Genesung von Hunden nach Ovariohysterektomie untersucht wurden. 40 Hunde wurden in vier Gruppen unterteilt: 1. Arnica montana, 2. Papaver somniferum, 3. hydroalkoholische und 4. physiologische Lösung. Je 10 Hunde bekamen 4 Tropfen der verschiedenen Lösungen. Gemessen wurde die Erholung von der Betäubung (in Minuten) sowie die Dauer der postoperativen Schmerzen (in Stunden). Die mit Papaver behandelte Gruppe erholte sich signifikant schneller von der Betäubung als die anderen drei Gruppen, die Arnica-Gruppe brauchte signifikant später konventionelle Schmerzmittel, nämlich nach 17,8 Stunden (± 3,6), im Vergleich zu Papaver (6,6 ± 0,9 Stunden), hydroalkoholische Lösung (5,1 ± 1,2 Stunden) sowie physiologische Lösung (4,1 ± 0,9 Stunden). Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen gemäss Aussage der Autoren die Resultate anderer Studien.

 

Franscinne Narita stellte eine Pilotstudie aus Brasilien zur homöopathischen Behandlung von zehn geretteten Magellan-Pinguinen mit Lebererkrankungen vor. Die Pinguine wurden einen Monat lang täglich mit 4 Globuli Carduus marianus 6 cH behandelt. Die Verbesserung der gemessenen Leberenzyme, die in diesem Zeitraum festgestellt wurde, war vergleichbar mit der Verbesserung durch allopathische Behandlungen in früheren Untersuchungen, jedoch ohne Nebenwirkungen. Zudem waren die homöopathischen Globuli einfacher zu verabreichen und günstiger.

Isopathische Forschung

Prof. Leoni Bonamin (BR) stellte eine Studie vor, in der die isopathische Behandlung von mit Glyphosat in Berührung gekommenen, kleinen Krebsen (Artemia salina) untersucht wurde. Diese Krebse sind empfindlich gegen Verschmutzungen und können daher als Biosensor verwendet werden. Der Gesundheitszustand (Anzahl Eier, Inzidenz von Missbildungen bei neugeborenen Krebsen, die Motilität und allgemeine Aktivität) verbesserte sich durch die Behandlung mit Glyphosat 6C. Ähnlich vorteilhafte Wirkungen wurden auch mit der Behandlung der Krebse mit Quecksilberchlorid 30C beobachtet, nachdem die Krebse Quecksilberchlorid ausgesetzt und dadurch beeinträchtigt wurden.

Hintergrund der Studie von Prof. Shahram Shahabi (IT) ist, dass die subkutane Immuntherapie wirksamer als die sublinguale Immuntherapie ist. Bei niedrigen Dosen ist die subkutane Immuntherapie aber ineffektiv, während es bei hohen Dosen zu einer gefährlichen Systemreaktion kommen kann. In der vorliegenden Studie wurde die Wirksamkeit einer subkutanen isopathischen Immuntherapie mit hochverdünntem Ovalbumin (6C) bei der Behandlung von Ovalbumin-induziertem allergischem Asthma bei Mäusen untersucht. Nachdem die Mäuse mit Ovalbumin und Aluminium sensibilisiert wurden, erhielten sie an verschiedenen Tagen Ovalbumin subkutan. Die Autoren konnten eine signifikante Besserung verschiedener Parameter während des Beobachtungszeitraums feststellen.

Grundlagenforschung

Dr. Alexander Tournier (D) präsentierte Ergebnisse aus einem umfassenden Review der physikalisch-chemischen Homöopathie-Forschung. Er und seine Kolleginnen und Kollegen analysierten die Evidenz von über 130 Manuskripten mit mehr als 200 Experimenten. Weniger als 25% dieser Experimente waren verblindet und / oder randomisiert, und in etwa einem Drittel wurde eine geeignete Kontrolle verwendet, um spezifische Wirkungen homöopathischer Zubereitungen identifizieren zu können. Die vielversprechendsten bisher verwendeten Techniken sind gemäss Aussage der Autoren NMR-Relaxation [3], Spektroskopie und elektrische Impedanzmessungen. In diesen drei Gebieten liefern mehrere qualitativ hochwertige Experimente Nachweise für spezifische Ergebnisse von physikalisch-chemischen Eigenschaften homöopathischer Zubereitungen.

In Ergänzung dazu präsentierte Annekathrin Ücker (D) ein Review zur pflanzen-basierten homöopathischen Grundlagenforschung. In der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass sich pflanzliche Testsysteme für die Untersuchung möglicher Wirkungen homöopathischer Zubereitungen eignen. Die Analyse ergab, dass die Qualität der Studien immer noch sehr unterschiedlich ist, in den letzten Jahren aber zugenommen hat. 74 Publikationen mit pflanzlichen Testsystemen wurden gefunden, 26 erreichten eine ausreichende Qualität. Bei 13 dieser Veröffentlichungen wurden angemessene Kontrollen durchgeführt. In all diesen Studien konnten spezifische Wirkungen homöopathischer Zubereitungen nachgewiesen werden. Vier Studien berichteten über Replikationsversuche. Ein Replikationsversuch ergab Effekte von homöopathischen Präparaten, die mit der ursprünglichen Studie vergleichbar sind. In drei Replikationsversuchen konnten die Ergebnisse der ursprünglichen Studie nicht bestätigt werden, aber es wurden mögliche externe Einflussfaktoren identifiziert. Fünf Veröffentlichungen beschrieben neue Testsysteme. Acht Versuche verwendeten eine systematische Negativkontrolle zur Untersuchung der Stabilität des Testsystems.

Prof. Vladimir Voeikov (RUS) stellte die Kernfrage in der Homöopathie-Debatte: Unterscheiden sich homöopathische Ultrahochverdünnungen in ihren physikochemischen Eigenschaften von Wasser? Um diese grundlegende Frage zu beantworten, stellte er die Arbeit seines Kollegen Prof. Alexander Konavalov vor. Dessen Hypothese ist, dass Ultrahochverdünnungen Strukturen bilden, die als sogenannte „Nanoassociates“ (NA) bezeichnet werden. Sie haben ca.100nm Durchmesser und weisen unterschiedliche physikalisch-chemische Eigenschaften auf. Die Muster der „Nanoassociates“ korrelieren mit den durch die Ultrahochverdünnungen hervorgerufenen biologischen Wirkungen. Es wurde auch festgestellt, dass das Auftreten von elektromagnetischen Feldern in der Umgebung das Entstehen von NA verhindert. Auch die biologische Aktivität der homöopathischen Arzneimittel würde dann verschwinden.

Dr. Steven Cartwright (UK) präsentierte weitere Ergebnisse zu seinen Arbeiten mit solvatochromen Farbstoffen. In früheren Studien konnte er nachweisen, dass sich solvatochrome Farbstoffe eignen, um homöopathische Potenzen nachzuweisen.

In der präsentierten Studie ging es darum, die Aggregation von Farbstoffen durch Einkapselung oder Immobilisierung auf einer Membran zu verhindern, um die Interaktion von verschiedenen homöopathischen Potenzen zu untersuchen. Ein überraschender Befund ist, dass sich die Wechselwirkung zwischen Farbstoffen und Potenzen in einer hysteretischen, d.h. verzögerten, oder S-Form zeigt. Dieses Verhalten sei charakteristisch für positive Rückkopplungsschleifen oder autokatalytische Prozesse [4], bei denen sich ein Prozess im Laufe der Zeit selbst verstärkt, bevor schließlich ein Maximum erreicht wird. Die Ergebnisse deuten auf eine Art mitschwingende Wechselwirkung zwischen Potenzen und Farbstoffen hin, deren Stärke und Entwicklung abhängig von den Ausgangsbedingungen und den elektronischen und strukturellen Eigenschaften des Farbstoffs ist. Weitere Befunde deuten darauf hin, dass Potenzen in ihrer Stärke nicht konstant sind, sondern über die Zeit schwanken. Dies möchte Dr. Cartwright weiter untersuchen.

Dr. Maria Olga Kokornaczyk (CH) berichtete über die Tröpfchenverdunstungsmethode, bei der sich unterschiedliche Muster bilden, wenn flüssige Proben verdampft werden. In der vorliegenden Studie untersuchte sie die fünf Arzneimittel Echinacea D2, Baptisia D3, Baptisia D4, Luffa D4 und Spongia D6, die in 3 Varianten hergestellt wurden: 1. mit 100 Schüttelschlägen, 2. mit 10 Schüttelschlägen sowie 3. unverschüttelt. Bei allen 5 analysierten Arzneimitteln konnten die verschüttelten und unverschüttelten Zubereitungen zumindest bei 3 von 5 Bewertungsparametern signifikant unterschieden werden. Signifikante Unterschiede zwischen allen Varianten wurden nur bei Potenzen D4 und höher gefunden. In den meisten Fällen reduzierten die Schüttelschläge die Grösse, Homogenität und Komplexität der Verdunstungsmuster. Die Kontrollen zeigten, dass der Modellaufbau stabil war.

Paul Doesburg (NL) stellte eine Studie mit einer ähnlichen Technik vor, in der Extrakte aus mit Stannum met. D30 behandelten Kressesamen reproduzierbar unterschiedliche Kristallisations-Muster im Vergleich zu den Kontrollen bildeten. Damit konnten die Ergebnisse einer früheren Studie bestätigt werden.

Dr. Susanne Buccheim-Schmidt (D) zeigte in ihrer Studie, dass Okoubaka aubrevillei Urtinktur sowie D3 in einem experimentellen System, welches das Mikrobiom des menschlichen Darms simuliert, die Bakterienlast mit Enterotoxigene Escherichia coli (ETEC) und Salmonella enteritidis reduzieren konnte, wobei die Urtinktur die stärkste Wirkung zeigte.

Dr. Oskan Tasinov (BG) stellte eine Studie vor, in der durch die Behandlung von Maus-Makrophagen- und Präadipozyten-Zelllinien mit Ferrum Phosphoricum D12 deren immunstimulierendes, antioxidatives und Eisenaufnahme-Potential verbessert wurde.

Dr. Stephan Baumgartner (CH) und Sandra Würtenberger (D) präsentierten die Ergebnisse des anfangs dieses Jahres verstorbenen Dr. Tim Jäger (1970-2019). Dr. Tim Jäger untersuchte die Auswirkungen homöopathischer Zubereitungen von Mercurius corrosivus D24 – D30 auf die Wachstumsrate von mit zwei verschiedenen Quecksilberkonzentrationen (gering/hoch) gestressten Wasserlinsen (Lemna gibba L.) Alle Experimente wurden randomisiert und verblindet, und es wurden systematische Negativkontrollexperimente mit Wasser durchgeführt, um die Stabilität des Versuchsaufbaus zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Behandlung von gering gestressten Pflanzen mit Mercurius corrosivus D24 – D30 das Pflanzenwachstum verbesserte, dass aber bei stark gestressten Pflanzen die Behandlung zu einer Reduktion des Wachstums führte.

Prof. Christian Endler und Dr. Corinne Kraus (A) bestätigten frühere Ergebnisse mit dem Weizenkeimungsmodell. Es wurden höhere Keimraten beobachtet, wenn das Arzneimittel (Silber Nitrat in 10e-3 – bis 10e-25-Verdünnungen) verschüttelt wurde, als wenn es nur durch einfaches Pipettieren hinzugefügt wurde. Diese Untersuchung wurde verblindet durchgeführt, und unbehandeltes Wasser diente als Kontrolle. Es konnte gezeigt werden, dass verschütteltes Wasser ohne Arzneimittel nicht zu einer höheren Wachstumsrate führte als nicht-verschütteltes Wasser, was die Möglichkeit eines höheren Sauerstoffeffekts in den verschüttelten Proben ausschliesst.

Alle diese Präsentationen und Studien lieferten interessante Ergebnisse und es entwickelten sich interessante Diskussionen. Ergänzen möchte ich aber noch, dass es sich dabei um vorläufige Ergebnisse handelt, die in dieser Form auch nicht zitiert werden sollten, ausser sie sind bereits in einem Peer-Review Journal veröffentlich worden. Nachprüfen kann man dies, indem man die Studie z.B. in der Pubmed-Datenbank https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/ sucht.

Soziale Highlights und Networking

Wie bereits in Barcelona 2013, Rom 2015 und Malta 2017 ist es Rachel Roberts, HRI Chief Executive, Alexander Tournier, HRI Chairman und ihrem Team auch in London gelungen, eine wunderbare und inspirierende Atmosphäre zu schaffen. Ich kann diese Konferenz wirklich jeder Person, die sich für Homöopathie-Forschung interessiert, wärmstens empfehlen. Der Tagungsort mit Blick auf die Tower Bridge war ein schönes Sinnbild für eine hoffentlich positive Zukunft der Homöopathie-Forschung. Das Wetter war – London-typisch – durchmischt, von herbstlich anmutenden Regenschauern bis Sonnenschein war alles dabei. Die inspirierende Dinner-Fahrt auf der Themse fand dann glücklicherweise bei wunderbarem Sonnenschein statt. Sehr beeindruckend war auch das Gala-Dinner, das zur Feier des 10. Geburtstags des HRI im geschichtsträchtigen Tower von London stattgefunden hat. Aufgrund einer Spende kam ich vor dem Dinner in den Genuss einer privaten Führung durch die Kronjuwelen-Ausstellung im Tower. Zum Abschluss des Dinners wurde das HRI-Logo auf den Tower projiziert – ein sehr beeindruckendes Bild. Wie auch schon an den Konferenzen davor wurde im Anschluss an das Dinner zu grossartiger Livemusik bis tief in die Nacht getanzt.

Phantastisch ist die Konferenz, um Kontakte zu knüpfen und neue Projekte zu lancieren. Vor zwei Jahren in Malta hatte ich die Gelegenheit, u.a. Stephan Baumgartner, Rachel Roberts und Alexander Tournier näher kennen zu lernen. Wir diskutierten damals, dass es grossartig wäre, wenn wir «Guidelines und Empfehlungen für eine qualitativ hochwertige Homöopathie-Forschung» hätten. Die Ergebnisse dieser Diskussion werde ich im nachfolgenden Artikel darlegen.

Neben meiner Tätigkeit in der Arbeitsgruppe Homöopathieforschung des HVS bin ich stellvertretende Sprecherin der Sektion Forschung bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) (http://www.wisshom.de/). WissHom hat zusammen mit dem Central Council for Research in Homoeopathy CCRH/Indien eine Forschungszusammenarbeit vereinbart. Beim CCRH handelt es sich um eine autonome Institution des indischen Ministeriums. Der Hauptsitz des Councils befindet sich in Neu-Delhi, multizentrische Forschung wird in einem Netzwerk von 23 Zentren in ganz Indien durchgeführt. Dass eine Delegation des CCRH anwesend war, nahmen wir zum Anlass zu einer Sitzung in London, um die weitere Zusammenarbeit zu diskutieren. So möchten wir im Frühjahr 2020 zusammen eine Konferenz in Indien durchführen, um die Möglichkeiten gemeinsamer klinischer sowie Grundlagen-Forschungsprojekte zu diskutieren.

Der im März 2015 veröffentlichte Australian-Report und die darauf aufbauende EASAC-Stellungnahme haben der Homöopathie sehr geschadet. Seit der Veröffentlichung wird die Homöopathie zunehmend aus den Universitäten und Spitälern verdrängt. Dies ist besonders deshalb ärgerlich, weil – wie es auch Rachel Roberts in ihrem Vortrag dargelegt hat – beide Berichte zwar den Eindruck erwecken, wissenschaftlich zu sein, es sich in Realität aber mehr um politische Statements handelt. Zudem wurden sie nicht in Peer-Review-Journals veröffentlicht. Um diesen beiden Papieren etwas entgegenhalten zu können, habe ich zusammen mit der österreichischen Veterinärhomöopathin Petra Weiermayer in London ein informelles Treffen organisiert, wo wir mögliche Massnahmen diskutierten haben. Eine dieser Massnahmen ist nun, ein «qualitatives Review zum aktuellen Stand der Homöopathieforschung» zu verfassen, das in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht werden soll. Wir werden dafür nun Ende September bei der Homöopathie-Stiftung einen Antrag einreichen. Fortsetzung folgt.

Susanne Ulbrich Zürni

 

[1] Konsensus meint eine Übereinstimmung von Meinungen. In einem Konsensprozess werden die Meinungen von verschiedenen zuvor definierten Interessengruppen erhoben und solange diskutiert, bis man zu gemeinsamen Aussagen gelangt.

[2] «Open label» bedeutet nicht verblindet. Sowohl die Probanden als auch der Prüfarzt kennen den verabreichten Wirkstoff.

[3] Unter Relaxation versteht man in der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) die Vorgänge, die die Kernspin-Magnetisierung (z. B. nach einer Auslenkung oder Anregung) in ihren Gleichgewichtszustand zurückstreben lassen.

[4] Autokatalyse (gr. „die Selbstauflösung“) bezeichnet eine besondere Form der katalytischen chemischen Reaktion, bei der ein Endprodukt als Katalysator für die Reaktion wirkt.